§ 4 Nr. 14 Buchst. b), 14 Abs. 6 Nr. 5, 14c Abs. 1 Satz 2 UStG § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b) UStDV § 37 Abs. 2 Satz 1 AO § 151, 157, 315 Abs. 3 Satz 1, 316, 433 Abs. 2, 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB
1. Stellt ein Krankenhaus in seiner hauseigenen Apotheke patientenindividuell Zytostatika für eine ambulante Behandlung des Patienten in seiner Klinik her, kommt regelmäßig (stillschweigend) eine Bruttopreisabrede zustande, bei der der darin enthaltene Umsatzsteueranteil lediglich einen unselbständigen Preisbestandteil bildet (im Anschluss an BGH, Urt. v. 20.2.2019 – VIII/ZR 7/18 –, KRS 2019, 209).
2. Dabei kommt dem Krankenhaus ein einseitiges Preisbestimmungsrecht nach §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht zu. Vielmehr ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Vertragsparteien sich in der hier gegebenen Fallgestaltung durch Rechnungsstellung und vorbehaltlose Zahlung der verlangten (angemessenen) Beträge konkludent über die geschuldete Vergütung geeinigt haben.
3. Die getroffene Bruttopreisabrede ist einer ergänzenden Vertragsauslegung bezüglich des entrichteten Umsatzsteueranteils zugänglich, wenn – wie hier – die Finanzbehörden bei Vertragsschluss von einer (materiell-rechtlich nicht bestehenden) Umsatzsteuerpflicht der Herstellung und Lieferung von Zytostatika ausgegangen sind, die Vertragsparteien dementsprechend ihren Preisvereinbarungen eine Umsatzsteuerpflicht zugrunde gelegt haben und die Finanzverwaltung die später vom BFH bejahte Umsatzsteuerfreiheit (rückwirkend) akzeptiert.
4. Hat das Krankenhaus – wie hier – seine Rechnungen (unter Ansatz einer materiell-rechtlich nicht angefallenen Umsatzsteuer) ineinerdenAnforderungender§14Abs.4Satz1Nr.7und 8, § 14c Abs. 1 UStG entsprechenden Weise erstellt, sind für die Beurteilung, ob aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung der Rechtsgrund für den entrichteten Umsatzsteueranteil teilweise entfällt, regelmäßig nicht nur die von dem Krankenhaus insoweit etwaig vorgenommenen Vorsteuerabzüge zu berücksichtigen, die im Fall der Rechnungskorrektur und Steuerberichtigung (§ 14c Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 1 UStG) vom Finanzamt von Amts wegen nachgefordert werden. Vielmehr ist weiter maßgebend, ob und in welcher Höhe das Finanzamt gemäß §§ 233a, 238 AO Zinsen auf die rückwirkend geschuldete Nachzahlung der Vorsteuerabzüge erheben wird. Denn § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG erlaubt eine Berichtigung der angesetzten Umsatzsteuer nur für den aktuellen Besteuerungszeitraum, während die Berichtigung des Vorsteuerabzugs rückwirkend erfolgt (Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 20. 2. 2019 – VIII/ZR 7/18 –, KRS 2019, 209).
5. Erreichen oder übersteigen solche Zinsforderungen einen sich etwa aus der Differenz des Umsatzsteueranteils und erfolgter Vorsteuerabzüge ergebenden Rückzahlungsbetrag des Patienten beziehungsweise bleiben sie nur unerheblich dahinter zurück, ist eine planwidrige Regelungslücke als Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung mangels eines dann ausscheidenden hypothetischen Willens zu einer abweichenden Preisvereinbarung nicht gegeben (Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 20.2.2019 – VIII/ZR 7/18 –, KRS 2019, 209).
(amtliche Leitsätze)
BGH, Urt. v. 20.2.2019 – VIII ZR 115/18 –
(Vorinstanzen: LG Essen, Urt. v. 27.2.2018 – 15 S 162/17 –; AG Gelsenkirchen, Urt. v. 4.7.2017 – 405 C 269/17 –)
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.2364-4842.2019.09.06 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 2364-4842 |
Ausgabe / Jahr: | 9 / 2019 |
Veröffentlicht: | 2019-08-27 |
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